Die Debatte um die Reform des spanischen Finanzausgleichs hat eine entscheidende Phase erreicht. Die geplante Neugestaltung des Systems darf nach Ansicht der kanarischen Regierung nicht dazu führen, bestehende Ungleichheiten zu verschärfen oder einzelne Regionen wie Katalonien durch Sonderregelungen zu bevorzugen. Die kanarische Regierung warnt, dass ein solches Vorgehen die Prinzipien von Solidarität und Gerechtigkeit zwischen den autonomen Gemeinschaften gefährden würde.
Die Forderung Kataloniens, künftig sämtliche eigenen Steuereinnahmen selbst zu verwalten und sich damit vom gemeinsamen Finanzausgleich abzukoppeln, lehnt die kanarische Regierung entschieden ab. Sie sieht darin einen Bruch mit dem solidarischen Modell, das den Zusammenhalt des spanischen Staates über Jahrzehnte getragen habe. Ein solcher Schritt würde nach Einschätzung aus Teneriffa nicht nur den verfassungsrechtlich garantierten Gleichheitsgrundsatz verletzen, sondern auch Regionen wie die Kanaren dauerhaft benachteiligen.
Finanzierung der Kanaren im Mittelpunkt der Reformdebatte
Der amtierende Präsident der Kanarischen Inseln betont, dass die Kanaren keine Sonderrechte fordern, aber auch keine Benachteiligungen hinnehmen werden. Das aktuelle Finanzierungssystem, das seit 2009 besteht und bereits 2014 hätte überarbeitet werden sollen, sei veraltet. In den vergangenen Jahren sei die Bevölkerung auf dem Archipel um mehr als 500.000 Menschen auf über 2,2 Millionen gestiegen, ohne dass die staatliche Finanzierung entsprechend angepasst worden sei. Dies habe zu erheblichen Belastungen im Gesundheitswesen, im Bildungsbereich und bei den sozialen Diensten geführt.
Die Ankündigung eines „singulären“ Modells für Katalonien sieht die kanarische Regierung nicht als technische, sondern als eine Frage der territorialen Gerechtigkeit. Sollte eine autonome Gemeinschaft künftig 100 Prozent ihrer Einnahmen behalten dürfen, entstünde ein unausgewogenes und ungerechtes System. Die jüngste Vorlage des spanischen Finanzministeriums, die den Kanaren lediglich 4,74 Prozent der Gesamtmittel zuweist, berücksichtige wesentliche Faktoren wie die hohe Zahl an Touristen, die Insellage, die große Entfernung zum Festland sowie die hohe Armuts- und Ausgrenzungsquote nicht ausreichend.
Gerechte Finanzierung für die Kanarischen Inseln gefordert
Die Kanaren heben ihre besondere Situation hervor: Die geografische Entfernung, die Insellage, die Verwundbarkeit öffentlicher Dienstleistungen und die Lebenshaltungskosten stellten das Archipel vor besondere Herausforderungen. Deshalb fordert die Regionalregierung eine Finanzierung, die das spezielle Wirtschafts- und Steuersystem der Kanaren respektiert, ergänzt und auf die tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort eingeht. Einheitliche Formeln oder bilaterale Absprachen, die andere Regionen benachteiligen, lehnt sie ab.
Die kanarische Regierung verlangt ein gerechtes Modell, das die realen Kosten der öffentlichen Daseinsvorsorge auf den Inseln abbildet. Chancengleichheit könne es nur geben, wenn bestehende Unterschiede berücksichtigt und nicht durch Privilegien für ohnehin besser gestellte Regionen weiter vergrößert werden.
Solidarität als Grundlage des spanischen Finanzausgleichs
Die Ausgestaltung der autonomen Finanzierung müsse im Konsens und mit gesamtstaatlicher Perspektive erfolgen. Einzelvereinbarungen, die einzelne Regionen bevorzugen, dürften nicht zum Nachteil der übrigen Gemeinschaften führen. Der Grundsatz der interterritorialen Solidarität sei verfassungsrechtlich verankert und dürfe nicht zur Disposition stehen. Ein Bruch dieses Prinzips würde nach Ansicht der kanarischen Regierung die Zukunft aller Regionen aufs Spiel setzen. Die Regierung auf Teneriffa setzt deshalb auf eine gemeinsame Strategie mit allen parlamentarischen Gruppen und der Zivilgesellschaft.
Die Kanaren machen deutlich, dass sie keine Benachteiligung akzeptieren werden. Sie fordern ein faires, angemessenes und würdiges Verfahren. Die Regionalregierung will ihre Position mit Nachdruck und auf institutioneller Ebene verteidigen. Sollte das gemeinsame System aufgegeben werden, sieht sie die territoriale Kohäsion Spaniens in Gefahr. Nach Ansicht der Regierung steht damit die Zukunft der Kanarischen Inseln und des gesamten Landes auf dem Spiel.